Die Wettbewerbe und Gewinnerfilme 2018
IDA – International Documentary Award
Kuration: Marie-Christine Hartig, Martin Lintner, Marieluise Röttger
Jury:
Marion Guth (Produzentin, a_BAHN)
Angela de Souza Torresan (Universität Manchester)
Antonin Svoboda (Filmemacher, Produzent)
Preisgeld: € 1.000.-
Preis präsentiert von: Weltmuseum Wien
Gewinner
20TH CIRCUIT SUSPECTS
Hesam Eslami | Iran 2017 | 73 Min. | OmeU
Mit 20th Circuit Suspects erarbeitete Regisseur Hesam Eslami ein geistvolles wie auch fesselndes Portrait einer Auto knackenden Jugendbande, die die Straßen Teherans unsicher macht. Sein offenes, fast familiäres Verhältnis zu den jungen Kriminellen ermöglichte es Eslami, ihr Leben, ihre Arbeit und Sehnsüchte aufzuzeigen, ohne ein moralisches Urteil über ihr Tun zu fällen. Die guerillahafte Kameraführung kombiniert mit einer subtilen sowie reflexiven Annäherung unterstreicht das Thema meisterhaft. 20thCurcuit Suspects ist nicht einfach eine weitere „Coming of Age“ Geschichte, sondern ein einnehmender Film über das Erwachsenwerden unter prekären sozialen und politischen Umständen in einer zunehmend entfremdeten Welt.
Honorable Mention
WOMEN OF FREEDOM
Abeer Zeibak Haddad | Palästina 2016 | 57 Min. | OmeU
Women of Freedom steht beispielhaft für bedeutsame Geschichten, die gefilmt, gesehen und gehört werden müssen. Abeer Zeibak Haddad geht Fällen von Ehrenmorden an Frauen in Palästina nach. Ihr Film zeigt dabei die Komplexität einer in Traditionen gefangenen Welt, in der die Zeit für einen Wandel überfällig ist und Gräueltaten an Frauen dennoch fortdauern. In Women of Freedom geben couragierte Frauen und Familien Zeugnis über die schreckliche Ungerechtigkeit einer kulturellen Praxis. Sie sprechen über ihr Leid, obwohl sie dabei einen Tabubruch begehen.
Nominierte Filme
EVA – Excellence in Visual Anthropology Award
Kuration: Hannah Hauptmann, Katja Seidel
Jury:
Ascan Breuer (Filmemacher)
Ulrike Davis-Sulikowski (Universität Wien)
Caterina Sartori (RAI Filmfestival)
Preisgeld: € 1.000.-
Preis gestiftet von: Institut für Kultur- und Sozialanthropologie
Gewinner
REMAKE OF A SUMMER
Magali Bragard, Séverine Enjolras | Frankreich 2016 | 96 Min. | OmeU
Wir freuen uns sehr, den diesjährigen Gewinner des EVA-Wettbewerbs bekannt zu geben: Es ist Remake of a Summervon Magali Bragard und Severine Enjolras. Der Film ist eine wunderbare Hommage an das Cinema Verité und die cineastische und anthropologische Vision von Jean Rouch und Edgar Morin. Ihr Chronique d’un été / Chronik eines Sommers(F1961, s/w) brachte sozialanthropologische Feldforschung in die Kinos und an ein großes Publikum. Der Film beeinflusste gleichzeitig mit der Anwendung einer Sozialforschungsmethode als ästhetisches, cineastisches Werkzeug die französische Dokumentar- sowie fiktionale Filmproduktion. Dieser bahnbrechende Film enthält auch eines der ersten Zeugnisse einer Holocaust-Überlebenden. Die Künstlerin Marceline Loridan-Ivens, Witwe von Ioris Yvens, berichtet in einem berühmten Monolog auf dem Place de La Concorde über ihre Erfahrungen mit dem 2. Weltkrieg und der Zeit in Auschwitz-Birkenau.Marceline Loridan-Ivens ist auch die Schlüsselfigur für Bragards und Enjolras Remake of a Summer. Die Filmemacherinnen nähern sich dem Klassiker neu an, indem sie Methoden, Ästhetik und Standorte sowie sich selbst in ihrem Versuch einer „Wiederholung“ des Originals in der Gegenwart hinterfragen. Im Gespräch mit den Menschen in den Straßen und Banlieus von Paris, bei ihren ausgewählten Aktivitäten und Orten, nehmen Menschen und Kamera gleichermaßen teil. Das Ergebnis ist ein schöner Film, der die Kraft dieser cineastischen Sprache, aber auch die Gültigkeit einer Forschungsmethode zeigt; die einfache Frage „Bist du glücklich?“ liefert immer schier unbegrenzte Antworten und ermöglicht neue Sichtweisen und gegenseitiges Verständnis. Dieser Dokumentarfilm zeigt, dass die direkte und dialogische Herangehensweise der ideale Weg für Sozial- und Kulturwissenschaften sowie für die Politik ist, die Bedürfnisse und Wünsche von ‚den Menschen’ zu verstehen, bevor Fragen wie „Was ist zu tun?“ gestellt werden können. Er zeigt auch, dass das „Streben nach Glück“ nicht nur eine zeitlose Aufgabe jedes einzelnen Menschen ist, sondern auch die zentrale Frage von Gesellschaft, Kultur, Politik und Philosophie sein sollte. Zu fragen „Bist du glücklich?“ wird nie veraltet sein und sollte in jeder Generation immer wieder gefragt werden. Genau das tun Magali Bragard und Severine Enjolras. Wir gratulieren den Gewinnerinnen des ethnocineca2018 EVA Awards.
Honorable Mentions
KHO KI PA LÚ – UP DOWN & SIDEWAYS
Anushka Meenakshi, Iswar Srikumar | Indien 2017 | 83 Min. | OmeU
Darüber hinaus möchten wir die RegisseurInnen Anushka Meenakshi und Iswar Srikumar des Films Up Down & Sideways / Kho ki pa lü mit einer „special mention“ auszeichnen. Wir waren verzaubert von der außergewöhnlichen Interpretation des Li, der Lieder, die die Bauern in Nagaland sangen. Die Lieder und die atmosphärische Vertonung ergeben zusammen einen hochentwickelten Soundtrack, der den Zuschauer in die harte, körperliche Arbeit der kleinen kooperativen Gruppen von Menschen, die gemeinsam das Land, die Müle, bearbeiten, einbezieht. Der Machart des Films – seine langen Aufnahmen, die die von Liedern getragene landwirtschaftliche Arbeit darstellt, in Szenen, die selten kurz geschnitten werden – eignet sich außerordentlich gut, um die Bedeutung des kollektiven Arbeitens und Singens zu vermitteln. Die Lieder tragen die Betrachterin durch die langen sich wiederholenden Bewegungen auf dieselbe Weise, wie sie die Arbeiter und Arbeiterinnen durch den Tag tragen. Zu all diesen Elementen kommt eine makellose Fotografie einer atemberaubenden Landschaft hinzu. Herzlichen Glückwunsch an die Filmemacher.
Nominierte Filme
ADA – Austrian Documentary Award
Kuration: Marie-Christine Hartig, Martin Lintner, Katja Seidel
Jury:
Maximilian Feldmann (Filmemacher)
Caroline Haidacher (ORF-Redakteurin)
Tom Waibel (KINOKI)
Preisgeld: € 1.000.-
Preis gestiftet von: Fachverband der Film- und Musikwirtschaft
Gewinner
MABACHER – #UNGEBROCHEN
Stefan Wolner | Österreich 2017 | 80 Min. | OmeU
Das unterhaltsame Portrait des Youtube-Stars Mabacher überzeugt mit seinem humorvollen, aber sensiblen Blick in den Alltag des Protagonisten. Ein Protagonist, dessen Leben voller Überraschungen und Hindernisse steckt und der unbeirrbar mit Klischees aufräumt. Die FilmemacherInnen begegnen ihrem Akteur auf Augenhöhe und demonstrieren damit eindrucksvoll, wie ein Film über einen Menschen mit Behinderung ohne Stereotype und Opferzuschreibungen auskommen kann. Die Selbstbestimmtheit des Protagonisten wird den ZuseherInnen nicht plakativ erklärt, sondern als selbstverständliche Gegebenheit dargelegt und kann dadurch ihre ganze Wirkungskraft entfalten. Der launige, aber respektvolle Umgang mit einem Thema, das im öffentlichen Diskurs meist zu kurz kommt und sich oft auf reduzierende Darstellungen beschränkt, hat die Jury in ihrer Entscheidung bestärkt: Wir vergeben den Österreichischen Dokumentarfilmpreis ADA 2018 an Mabacher #unbroken.
Nominierte Filme
ISA – International Shorts Award
Kuration: Valerie Blankenbyl, Rocío Burchard
Jury:
Publikum
Preisgeld: € 500.-
Preis gestiftet von: Verwertungsgesellschaft für audiovisuelle Medien
Gewinner
THE LAKE
Daria Blokhina | Russland, 2016 | 30 Min. | OmeU
Nominierte Filme
ESSA – Ethnocineca Student Shorts Award
Kuration: Nóra Soponyai, Elena Staroste, Simone Traunmüller
Jury:
Publikum
Preisgeld: € 500.-
Preis gestiftet von: Okto TV
Gewinner
MIĘDZY NAMI – BETWEEN US
Maciej Miller | Polen 2017 | 30 Min. | OmeU