FOKUSPROGRAMME 2019
Chances at Risk
Eine faire Chance auf ein gutes Leben. Nicht mehr und nicht weniger ist es, was die jungen ProtagonistInnen finden wollen – nicht immer im Sinne der Erwachsenen, gilt es doch sich gegen festgefahrene Ideen und starre Strukturen zu behaupten und eigene Wege der Emanzipation einzuschlagen – sei es durch Bildung, oder durch das Überwinden von Geschlechterzuschreibungen und kulturellen Grenzen.
Während Harry uns daran erinnert, dass längst nicht alle Menschen der sogenannten westlichen Welt Lesen und Schreiben können und soziale Schranken durch unser Bildungssystem gefördert werden (H is for Harry), erleben wir mit Ghorban, was es heisst, wenn mangelnder politischer Wille die Chance auf einen Neuanfang nach der Flucht verwehrt (Coeur de Pierre). In Before Father gets back und Snowy Roads werden wir auf ganz unterschiedliche Weise ZeugInnen, wie patriarchale Strukturen und traditionelle Geschlechterrollen jungen Mädchen auch im 21. Jahrhundert Gleichberechtigung verunmöglichen. In The next Guardian trifft in Bhutan jugendlicher Aufbruchsgeist auf alte Familientraditionen und wir entdecken verblüffende Gemeinsamkeiten mit unserem eigenen Heranwachsen.
Filme
Families at Risk
Was sind die Herausforderungen, die es zu überwinden gilt, wenn man sich mit der eigenen Familiengeschichte auseinandersetzt? Im Fokusprogramm Families at Risk sind Werke von FilmemacherInnen zu sehen, die ihrer eigenen Familiengeschichte filmisch nachgehen. Geschichten die oftmals eng verwoben sind mit globalen politischen Fragen und gesellschaftlichem Wandel.
Da wäre die Suche nach den Spuren der eigenen Großmutter in den historischen Wirren des japanisch-koreanischen Krieges (Yukiko), das Aufspüren der Rolle der eigenen Familie im ehemals kommunistischen bulgarischen Regime (I see red People) und das Infragestellen der Tochter-Vater Beziehung im Kontext katholische Missionierungsarbeit und Entwicklungshilfe in Nigeria (Rote Erde Weißer Schnee). In Mamacita und Dans l’Oeil du Chien folgen wir den Annäherungsversuchen der FilmemacherInnen an die Vergangenheit ihrer Großmütter, die die Familien und uns als Publikum der ganzen Palette an Emotionen aussetzen.
Filme
Filmmakers at Risk
Welches Risiko ist ein Film wert? In fünf Filmen treffen wir auf Grenzgänger, welche sich im wahrsten Sinne einem hohen persönlichen wie auch politischen Risiko ausgesetzt haben, um ihre Filme zu verwirklichen.
Wir finden uns wieder inmitten von Straßenschlachten in Kinshasa (Kinshasa Makambo) und gewalttätigen Protesten in Kaschmir (After Prayers) und erleben durch die Kamera den Bombenhagel auf Damaskus (Daraya – A Library under Bombs). Mit dem Oscar nominierten Film Of Fathers and Sons tauchen wir in das Leben einer radikal islamistischen Familie ein und in der Weltpremiere von Dialogue begleiten wir einen kurdischen Filmemacher und seine Mutter auf dem Weg mitten hinein in den syrischen Bürgerkrieg auf der Suche nach dem verschollenen Bruder und Sohn. Doch sind es nicht die bereits aus den Nachrichten bekannten Bilder dieser Konflikte, die uns staunend zurücklassen, sondern die zutiefst menschlichen Schicksale dahinter, denen wir dank dem hohen persönlichen Einsatz der FilmemacherInnen näher kommen.
Filme
Futures at Risk
Koloniale Hegemonien sind noch lange nicht überwunden. Dies zeigt sich an den Schicksalen der durch äußere Umstände bedrohten indigenen Gemeinschaften auf der ganzen Welt. Sie sind immer noch die Unterdrückten und Entmachteten, die Vertriebenen und Entwurzelten. Doch sind sie keine passiven Opfer der Geschichtsschreibung, sondern vertreten mit ihrem Streben nach Selbstbestimmung und Kulturerhalt auch jene Werte, welche für die
Zukunft des Planeten an sich von so großer Bedeutung sind, wenn es um Fragen der Nachhaltigkeit, Ökologie, Ökonomie und kulturellen Identität geht.
Die Reise in diesen Filmen führt uns von Thailand (I am golden Karen) nach Borneo (Be’ Jam Be – The never ending Song) und Tahiti (Ma’Ohi Nui, In the Heart of the Ocean my Country lies) und über den Pazifik nach Kolumbien (Thinking Like A Mountain) und Ecuador (Spears form all Sides).
Filme
Progress at Risk
Populismus, Freiheit, Sicherheit und neue innergesellschaftliche Grenzziehungen. Wir widmen uns in diesem Fokusprogramm jenen „großen Themen der Weltgemeinschaft”, die uns fragen lassen, was „Fortschritt” politisch, ökologisch und menschlich bedeutet.
Brexitannia erzählt vielstimmig über die fatalen Auswirkungen kurzsichtiger populistischer Politik und vermeintlich einfacher Lösungen durch Abgrenzung. Ähnlich ergeht es uns, wenn wir den Menschen in Welch, West Virginia, in ihrem Alltag begegnen, die ihre politischen Hoffnungen als sogenannte Globalisierungsverlierer ganz in Trump setzen (The Time to go has come and gone). An die Wurzeln der europäischen Idee und ihrer konfliktträchtigen wie visionären Geschichte führt uns Remapping the Origins und wir entdecken in der Vergangenheit aktuelle Fragen des at risk befindlichen europäischen Ideals. Beautiful Things hält der westlichen Konsumgesellschaft, dem Turbokapitalismus und Wirtschaftswachstumswahn auf spielerische wie überraschende Weise den Spiegel vor und Taste of Cement bringt ein oftmals todgeschwiegenes Thema der modernen Welt ans Licht: die Entrechtung von MigrationsarbeiterInnen, die ein Leben in moderner Sklaverei im Dienste eines Wachstums um jeden Preis leben.